11.03.2015

Spitzenreiter VfB

Domenico Tedesco und Andreas Hinkel haben die B-Junioren des VfB Stuttgart zu einem Spitzenteam geformt – und das, obwohl die großen Talente woanders spielen.

Stuttgarter Nachrichten


von Gregor Preiss


VfB Stuttgart – FC Bayern München 4:2 – in den Ohren der VfB-Fans mag das klingen wie ein schöner Traum. Tatsächlich steht das Ergebnis vom vergangenen Samstag Schwarz auf Weiß im Spielbericht – in der Bundesliga der U 17-Junioren. Ein famoser Sieg! Der Blick auf die Tabelle spiegelt die Kräfteverhältnisse bei den 17-jährigen Nachwuchskickern wider: Der VfB grüßt von der Tabellenspitze; die großen Bayern sind nur Dritter.


Irgendwer auf dem Cannstatter Wasen muss also gute Arbeit leisten. Zum Beispiel die beiden Trainer: Domenico Tedesco (29) und Andreas Hinkel (32). Seit dieser Saison sind sie für die U 17 zuständig und haben aus einer Truppe ohne herausragende Talente eine Spitzenmannschaft geformt. „Die anderen haben eine höhere individuelle Qualität als wir, unsere Stärke ist die mannschaftliche Geschlossenheit“, sagt Tedesco, der Cheftrainer. Sein Co ergänzt: „Die Bayern haben viele Nationalspieler, wir nicht. Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg, dass bald einer von uns dazustoßen könnte.“


Namen wollen die beiden keine nennen, sie wollen keinen Druck aufbauen. Außerdem, weiß Hinkel aus Erfahrung, sei eine Prognose über die spätere Profitauglichkeit in diesem Alter sehr schwierig. „Theoretisch kann es jeder schaffen – oder eben nicht.“


Bei Georgios Spanoudakis sind sich jedoch alle Experten einig, dass der Mittelfeldspieler – Stand heute – irgendwann Bundesliga spielen wird. Sein Beispiel zeigt, dass die Talentsuche bei einem Verein wie dem VfB längst nicht mehr auf die umliegenden Sportplätze begrenzt ist. Der Deutsch-Grieche stammt aus der Jugend des FC Barcelona. Beim VfB sind sie stolz wie Oskar auf den Transfercoup. Dennoch: Auch ein Talent wie er kann in der U 17 noch so toll dribbeln und noch so viele Tore gegen den FC Bayern schießen – noch hat er nichts erreicht.


Die Sichtung von Talenten gehört zum Jobprofil der Trainer. Eine Aufgabe, die nicht einfacher geworden ist, seit ein ambitionierter Konkurrent aus dem Nordwesten des Landes seine Späher bis in die Landeshauptstadt schickt. „Die TSG Hoffenheim ist ganz schön aggressiv unterwegs“, meint Tedesco, „die holen Talente schon mit dem Bus aus Böblingen ab.“ Dass der VfB angesichts der aktuellen Unterlegenheit in der Bundesliga dauerhaft das Nachsehen gegenüber den Kraichgauern haben wird, glaubt der frühere VfB-Profi Hinkel (2000 – 2006) aber nicht: Entscheidend sei immer der erste Kontakt – und da investiere man sehr viel.


Am Samstag (13 Uhr) geht es für die U 17 beim Auswärtsspiel gegen den Karlsruher SC weiter. Ein Sieg vorausgesetzt, hat der Deutsche Meister von 2013 gute Chancen auf die Halbfinal-Teilnahme um den Titel. Darum geht es Tedesco und Hinkel aber weniger – sie sehen sich als klassische Ausbilder. Zum Saisonende läuft ihr Vertrag aus. Wie es dann weitergeht? Der Ex-Nationalspieler und sein Chef zucken mit den Schultern. Noch habe niemand mit ihnen gesprochen. Dabei machen sie kein Geheimnis draus, dass sie gerne als Duo weitermachen würden. „Mittelfristig ist es ein Traumjob“, sagt Tedesco. Hinkel nickt.


Und was sagt Rainer Adrion, ihr Vorgesetzter? „Die Bereitschaft ist von beiden Seiten da, weiterzumachen.“ Der Leiter des Nachwuchsbereiches versichert, die „jungen und sehr ehrgeizigen Trainer weiterentwickeln zu wollen“. Verbunden mit der Hoffnung, dass damit auch die aktuellen Nachwuchskicker weiter gedeihen – und das 4:2 gegen den FC Bayern ein Versprechen auf bessere Zeiten ist.

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