11.01.2017

Schluss mit Schnuppern: Das plant Chef Hinkel

FUSSBALL.DE: Die Vorbereitung hat gerade begonnen. Was haben Sie Ihrer neuen Mannschaft bei der Besprechung vor der ersten Einheit mit auf den Weg gegeben, Herr Hinkel? 


Andreas Hinkel: Darüber hatte ich mir schon einige Gedanken gemacht. Die Basis ist für mich Respekt – nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber Betreuern und Mitarbeitern. Wichtig ist mir auch neben der Disziplin und Professionalität ein hoher Grad an Eigenverantwortung. Jeder muss selbst initiativ werden, um weiterzukommen. Es muss nicht immer vom Trainerteam angeschoben werden.


FUSSBALL.DE: Für Sie ist es die erste Station als Cheftrainer im Seniorenbereich. Aufgeregt?


Hinkel: Das hält sich in Grenzen. Die Situation für mich ist nicht vollkommen neu. Ich war zuvor Co-Trainer, kenne daher alle Spieler und das Team genau. Umgekehrt ist es genauso. Neu für mich ist lediglich die Funktion. Außerdem trage ich nun mehr Verantwortung, kann dadurch mehr beeinflussen.


FUSSBALL.DE: Wie sehr helfen Ihnen die Erfahrungen aus Ihrer aktiven Laufbahn?


Hinkel: Davon zehre ich selbstverständlich. Ich kenne die Mechanismen des Geschäfts als Spieler. Das hilft, wenn man die Seiten wechselt. Schon während meiner aktiven Laufbahn hatte ich begonnen, als Trainer zu denken. Das hatte sich mit der Zeit entwickelt.


FUSSBALL.DE: Sie hatten beim VfB 2013 als U 12-Trainer angefangen. Jetzt sind sie Chef der zweithöchsten Seniorenmannschaft. Hätten Sie damit gerechnet?


Hinkel: Grundsätzlich ist das Fußballgeschäft nicht planbar. Es war zum Beispiel nicht mein Plan, mich innerhalb von drei Jahren zum U 23-Trainer hochzuarbeiten. Dass es jetzt so gekommen ist, freut mich selbstverständlich. Als ich Trainer geworden bin, wollte ich mich Schritt für Schritt verbessern und parallel an meinen Lizenzen basteln. Wichtig war mir, in jeden Bereich – also Kinder- und Jugend- sowie Seniorenfußball – hineinzuschnuppern. Diese Chance hat mir der VfB gegeben.


FUSSBALL.DE: Was hat Ihre Analyse der Hinrunde in der Regionalliga Südwest ergeben?


Hinkel: Gerade zu Saisonbeginn war es nicht einfach. Es gab viele Einflüsse, in erster Linie die Abstiege der ersten und zweiten Mannschaft. Diese führten zu teilweise großen Veränderungen in beiden Kadern. Einige junge Spieler sind gependelt, haben sich möglicherweise Hoffnungen auf einen Platz im Zweitligaaufgebot gemacht. Sich dann – gerade als junger und noch nicht ganz so stabiler Spieler – auf die Regionalliga Südwest einzustellen, ist nicht einfach. Das führte dazu, dass wir lange Zeit keine Konstanz entwickeln konnten.


FUSSBALL.DE: Worauf wird es jetzt in den nächsten Wochen bis zum ersten Meisterschaftsspiel ankommen?


Hinkel: Die Vorbereitung dauert bis Mitte Februar und ist damit recht lang. Für uns ist das nicht schlecht. Unser Ziel ist es, die Jungs so vorzubereiten, dass sie gleich im ersten Spiel einen Plan im Kopf haben und genau wissen, welche Aufgabe sie auf dem Platz übernehmen müssen. Außerdem wollen wir an der Flexibilität feilen. Wenn Plan A nicht aufgeht, rufen wir eben Plan B oder C ab.


FUSSBALL.DE: Gibt es Veränderungen im Kader?


Hinkel: Dass sich bis Ende Januar noch etwas tut, ist nicht auszuschließen. Einige unser Jungs haben sicher den Anspruch, weiter oben anzugreifen. Auf der anderen Seite wollen wir versuchen, unsere starken Spieler mit Potenzial zu halten und sie im Idealfall für die eigene erste Mannschaft auszubilden.


FUSSBALL.DE: Die Abstiegsplätze sind nicht weit weg. Steht der sportliche Erfolg deutlich vor Ihrem Ausbildungsauftrag?


Hinkel: Mit dieser Frage habe ich mich in den vergangenen Jahren häufig beschäftigt. Für mich schließt das eine das andere nicht aus. Wir wollen Spieler ausbilden. Wenn es uns gelingt, sie besser zu machen, dann kommen die positiven Ergebnisse ganz automatisch.


FUSSBALL.DE: Die zweite Mannschaft des VfB war Gründungsmitglied der 3. Liga und bis zum Sommer Stammgast. Warum kam es zum Abstieg?


Hinkel: Ich war im Winter zur Mannschaft gestoßen. Damals standen wir schon unten drin und konnten den Abstieg dann nicht mehr verhindern. Schon in den Spielzeiten zuvor war es häufig eng. Die Spieler, die von oben zur zweiten Mannschaft kamen, konnten die Qualität außerdem nicht mehr so deutlich heben wie in den Jahren davor, weil sich auch die erste Mannschaft im Abstiegskampf befand.


 


FUSSBALL.DE: Ist der Wiederaufstieg mittelfristig das Ziel?


Hinkel: Oben und unten gab es bei uns einen großen Umbruch. Daher ist der Aufstieg für uns kurzfristig nicht das Ziel. Die Zugehörigkeit zur 3. Liga war für uns lange ein Privileg, um das uns viele Klubs beneidet haben. Wir waren eine Ausnahme im positiven Sinne. Der Anspruch, wieder etwas aufzubauen und perspektivisch die Rückkehr zu schaffen, ist sicher da. Das wird aber alles andere als einfach.


FUSSBALL.de: Sportkoordinator Marc Kienle hat bei Ihrer Vorstellung gesagt, dass Sie den „VfB im Herzen tragen“. Wie macht sich das bemerkbar?


Hinkel: Ich bin jetzt 34 Jahre und war bisher insgesamt – mit wenigen Unterbrechungen – 18 Jahre beim VfB. Ich denke, das sagt alles aus.


FUSSBALL.de: Als Spieler haben Sie es bis in die Nationalmannschaft gebracht. Höher kann man nicht kommen. Wie hoch soll es als Trainer gehen?


Hinkel: Das weiß ich noch nicht. Ich stehe noch ganz am Anfang meiner Trainerlaufbahn. Für mich war es wichtig, meine Karriere unten anzufangen. So kann man meiner Meinung nach Zusammenhänge viel besser erkennen und sich Schritt für Schritt weiterentwickeln. Die Gefahr, sich gleich zu verbrennen, ist bei einem Einstieg in einer höheren Klasse viel höher. Man muss sich darüber bewusst sein, dass die Trainerbank schnell zum Schleudersitz werden kann.


Autor/-in: mspw


 

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